Teil 6 - Piräus (Athen)
Piräus (Athen)
Die Sonne zeigte sich auch an diesem Morgen in bester Laune und schickte schon früh ihre wärmenden Strahlen auf uns hinunter. Während wir das beim Frühstück auf dem Außendeck genossen, präsentierte ein Löschboot im Hafenbecken seine Fähigkeiten und schickte Wasserfontainen in den strahlend blauen Himmel.
Frisch gestärkt lieferte ich erst einmal unseren Wagen bei Hertz ab. Um von der Mietwagenstation zum Schiff zurück zu kommen, ging ich ins gegenüber liegende Terminal A des Hafens, wo gerade die Passagiere einer der Queens von Cunard zu ihren Landgängen aufbrachen. Vom Terminal A nahm ich einen Shuttlebus zum Terminal B, und damit zurück zu unserem Schiff.
Birgit wollte den Tag auf dem Sonnendeck verbringen und ich beschloss, doch noch einmal nach Athen hinein zu fahren, um dort einfach etwas herumzulaufen und zu fotografieren.
Das wurde mir sehr leicht gemacht. Direkt beim Ausgang des Terminals B ist eine Haltestelle eingerichtet, von der aus der öffentliche Bus X 80 in die Stadt nach Athen und zurück pendelt.
Ich kaufte ein Ticket am Kiosk und überbrückte die kurze Wartezeit auf den nächsten Bus, indem ich das Free WiFi des Terminalgebäudes nutzte, welches ich auch bei der Haltestelle noch empfangen konnte.
Nach einer etwa halbstündigen Fahrt stieg ich in Athen an der Haltestelle des Syntagma Platzes aus und stattete zunächst dem Parlamentsgebäude einen Besuch ab, an dem die Präsidialgarde vor dem Grab des unbekannten Soldaten ihre Runden mit zeitlupenartigen Bewegungen zog.
Der große Syntagma-Platz unterhalb des erhabenen Gebäudes, den man in den Monaten zuvor immer wieder im Fernsehen mit Demonstranten gefüllt gesehen hatte, lag friedlich vor mir. Touristen machten ihre Fotos, Einheimische gingen auf ihren Wegen über den Platz, Händler boten and mobilen Ständen Getränke und Gebäck… nichts erinnerte auch nur im Ansatz an die oft in den Nachrichten gesehenen Szenen.
Mein Weg führte mich über den Platz in die Fußgängerzone mit ihren vielen Geschäften. Die Straße war sehr belebt und auch in den Geschäften drängten sich die Menschen. Mich interessierte, ob es sich um Touristen oder Griechen handelte. Daher ging ich in ein paar unterschiedliche Geschäfte hinein. Mit wenigen Ausnahmen wurde hier griechisch gesprochen und Touristen konnte ich nur wenige erkennen. In einem Juweliergeschäft für teure Uhren erwartete mich das gleiche Bild. Der Eindruck, den wir bereits bei unserer Tour am Vortag bekommen hatten, setzte sich hier fort – Freude und Erstaunen gleichzeitig darüber, dass wenig bis gar keine Anzeichen für eine Nation in der Krise zu sehen waren.
Ich folgte der Fußgängerzone weiter und traf bald auf die kleine schmucke Kapnikarea-Kirche, an deren Ende. Sie ist eine der ältesten Kirchen Athens und wäre 1834 beinahe dem Bau der Einkaufsstraße zum Opfer gefallen. Ludwig von Bayern konnte jedoch damals seinen Sohn Otto, den König von Griechenland, von der kunsthistorischen Bedeutung der Kirche überzeugen. Daher baute man die Straße um die Kirche herum.
Von hier aus kam ich bald an den Monastiraki-Platz, an dessen Rand mit der Pantanassa-Kirche die wenigen Überreste eines ehemaligen Klosters zu sehen sind, welches dem Platz und dem Viertel seinen Namen gegeben haben.
Auf der anderen Seite des Platzes steht die alte Moschee aus dem 18. Jahrhundert und verdeckt ein wenig die daneben liegenden Säulen der alten Hadrians-Bibliothek aus dem Jahre 132 n. Chr.
Von dem Platz gehen einige bunte und lebhafte Gassen ab, die mich zum Bummeln einluden. Auch in diesen Sträßchen herrschte reges Treiben.
Das Angebot in den unzähligen kleinen Geschäften war groß: Lebensmittel, Obst, Oliven, Olivenöl in kaum vorstellbaren Varianten, Kosmetik, Schmuck, Kleidung, griechische Spirituosen und bunter touristischer Schnickschnack – ein hübsches Bild.
Entlang einiger einladender Restaurants und vorbei am Hard Rock Cafe kommt man vom Monastiraki-Platz aus auch zur großen antiken Agora.
Die Agora aus dem 5 Jh. V. Chr. war der Marktplatz und bürgerliches Zentrum (Polis) des antiken Athen und bildete den Gegensatz zum darüber thronenden kultischen und politischen Machtzentrum mit seinen Tempel- und Burganlagen, der Akropolis.
Auch wenn das ursprüngliche Ausmaß und die ursprüngliche Pracht der Agora nur noch durch Überreste von Säulen und Mauern zu erahnen ist, kann man sich doch vorstellen, welche beeindruckenden Bauten hier vor etwa 2500 Jahren errichtet wurden.
Auf einem kleinen Hügel am westlichen Rand der Agora steht das Hephaisteion, in dem Hephaistos, der Gott der Schmiedekunst, und Athene, die Göttin des Handwerks und der schönen Künste, verehrt wurden.
Auch die Ruinen dieses Tempels, eines der besterhaltenen Bauwerke der griechischen Antike, veranschaulichen die Leistungen und Fähigkeiten der damaligen Hochkultur.
Quer durch die Überreste der Agora setzte ich meinen Weg zur Akropolis fort. Bei Temperaturen von weit über 30°C und durch die erbarmungslos strahlende Mittagssonne war der Marsch auf die Anhöhe ziemlich schweißtreibend, ich wurde aber durch den tollen Blick von oben auf die Agora mit dem Hephaisteion und der rekonstruierten „Stoa des Attalos“, die in der Antike als Ladengallerie diente, belohnt.
In die andere Richtung bot sich mir der majestätische Anblick der Akropolis.
Auf den Besuch der alten Tempelanlagen verzichtete ich bei diesem Besuch und ging auf der anderen Seite des Hügels die breite Straße wieder hinab. Diese führt auch am modernen Komplex des Akropolis-Museum vorbei.
Der Blick auf das nächtlich beleuchtete Parthenon auf der Akropolis, der viele der hier verkauften Postkarten schmückte, blieb mir natürlich um diese Uhrzeit verwehrt.
Durch die restaurantgesäumten Straßen des Altstadtviertels Plaka suchte ich mir meinen Weg zurück zum Syntagma Platz.
Vom Platz der Athener Kathedrale ging ich durch eine kleine Gasse, die wieder auf die Fußgängerzone führte. Dabei kam ich an einer kleinen Bar vorbei, die mich mit ihren kleinen hübschen Tischen und Stühlen vor der Tür an ein Pariser Bistro erinnerte – der Name war auch tatsächlich französisch: „Le Petit Village“.
Auf einer Tafel an der Wand waren verschiedene exotisch klingende „Homemade Lemonades“ angepriesen. Durstig von der Hitze schien mir das ein schöner Ort für eine kleine Pause vor der Rückfahrt zu sein.
Da Tische vor der Tür in der prallen Sonne lagen, setzte ich mich an einen Tisch vor der Theke im Eingangsbereich und wurde auch gleich von einem freundlichen jungen Mann bedient, der mir erst einmal eine Karaffe mit kühlem Wasser und dann eine fantastisch schmeckende Melon-Lemon-Lemonade brachte, die er auf meine Bestellung hin frisch zubereitet hatte.
Begeistert von der Limonade kam ich ein wenig ins Gespräch mit dem Wirt, der mir erzählte, dass er sein Geschäft mitten in den Wirren der Krise eröffnet hatte. Er imponierte mir mit seinem Mut und seinem Optimismus. Inmitten der schwersten Zeit hat er seine Bar in der Hoffnung eröffnet, dass sich Qualität irgendwie durchsetzt.
Er erzählte mir, dass er morgens auf dem Markt nach den frischesten Früchten und besten Zutaten sucht und seine Karte entsprechend gestaltet. Da ich die erste Limonade bereits mit Genuss leer getrunken hatte, fragte ich nach seiner persönlichen Empfehlung und probierte seine Kreation „Fall in Love in August“, eine Limonade mit Granatapfel und anderen Zutaten, die er ebenfalls frisch zubereitete.
In diese Köstlichkeit konnte man sich tatsächlich verlieben…
Ich beobachtete die vorbeiziehenden Menschen, erfreute mich an dem erfrischenden Getränk und freute mich, diese kleine Bar gefunden zu haben, die mir noch heute als erstes einfällt, wenn ich an meinen Tag in Athen zurückdenke. Als ich die überraschend niedrige Rechnung bezahlt hatte verabschiedete ich mich von dem netten Wirt und wünschte ihm von ganzem Herzen viel Glück und Erfolg. Ich hoffe wirklich, ihn noch einmal besuchen zu können, falls wir noch einmal nach Athen kommen. Allen Fans leckerer, hausgemachter Limonaden und erfrischender Fruchtsäfte kann ich eine Pause im „Le Petit Village“ wärmstens empfehlen.
An der nicht mehr weit entfernten Haltestelle des X80 musste ich nicht lange auf den Bus warten, der mich zurück nach Piräus und damit zurück zum Schiff brachte. Dort angekommen freute ich mich über die kleine Erfrischung am Eingang des Schiffes.
Bei der Suche nach Birgit lief ich auch durch das Solarium. Normalerweise eher in kühleren Gefilden gut besucht, war es kurioserweise auf dieser Reise fast immer voll – denn es war durch die Klimaanlage immer schön gekühlt.
Beim Auslaufen hielten wir uns an unsere mittlerweile lieb gewonnene Routine und trafen uns mit Linda & Pete in der Sunset Bar. Während wir uns dort von den Erlebnissen des Tages erzählten und wie immer viel Spaß hatten, verabschiedete sich die Wind Star mit einem Hupen von der Club Med 2 und segelte in den Sonnenuntergang. Wir folgten ihr nicht lange danach.
Birgit und ich waren uns einig, dass wir aus den zwei Athen-Tagen das Beste für uns gemacht haben. Unsere Besuche in Korinth und beim Poseidon-Tempel in Sounion mit unseren lieben Freunden waren grandios und unvergesslich. Birgit hatte an diesem zweiten Tag einen gemütlichen Sonnentag genießen können und ich konnte in aller Ruhe durch Athen schlendern, ohne irgendeinen Druck zu verspüren, eine Liste von Sehenswürdigkeiten abarbeiten zu müssen. Die anfängliche Enttäuschung über Athen als Ersatzziel war damit wie verflogen. Wir hätten diese zwei Tage auf keinen Fall missen wollen.
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