Teil 10 - Seetag
Seetag
Der letzte Seetag unserer Reise hielt noch etwas Besonderes für mich bereit: Meine liebe Birgit hatte mir zum Geburtstag die Teilnahme an der „All Access Tour“ geschenkt, die mir den Einblick in ansonsten nicht zugängliche Bereiche des Schiffes ermöglichte.
Nach dem Frühstück fand ich mich am Treffpunkt für die Teilnehmer der Tour in der Sky-Lounge ein, wo uns eine freundliche Dame von Celebrity begrüßte.
Sie geleitete uns zuerst in das Theater des Schiffes, wo wir von einem Mitglied der Showbesetzung empfangen wurden. Hier wurden uns die Räume hinter der Bühne gezeigt, in denen während der Shows wohl hektische Betriebsamkeit herrscht, wenn sich die Sänger und Tänzer während der Shows teilweise mehrfach in Windeseile umziehen müssen.
Die Räume, die den Akteuren zum Schminken, zur Vorbereitung und als Garderobe zur Verfügung stehen, kamen uns erstaunlich klein vor.
Ganz im Gegensatz zum Theatersaal, dessen enorme Größe ich auf Kreuzfahrtschiffen immer wieder erstaunlich finde. Dies ist sicher einer der Punkte, von der jemand, der noch nie eine Kreuzfahrt gemacht hat, überhaupt keine Vorstellung hat.
Auf der Bühne wurden uns die verschiedenen Kran- und Hebesysteme erklärt, und ein Licht- und Tontechniker im Kontrollraum über den Zuschauerrängen spielte zur Demonstration ein wenig mit den unterschiedlichen Scheinwerfern.
Danach wurden wir auf das Deck der Brücke geleitet. Bevor wir jedoch die Brücke selbst in Begleitung der Security betreten durften, wurden wir zuvor noch mit Metalldetektoren abgetastet. Erst dann durften wir durch die Sicherheitstür die Steuerzentrale der Reflection betreten.
Auf der Brückennock der Backbordseite erläuterte uns einer der Brückenoffiziere die Funktionen des mit vielen Anzeigen und Hebeln bestückten Kontrollstandes. Vom Balkon unserer ein paar Meter dahinter und höher gelegenen Kabine hatten wir schon oft beim Ablegen die Brückenbesatzung in Aktion beobachten können. Nun einmal selbst hier zu stehen und durch die dicke Glasscheibe unter unseren Füßen auf die vorbeiziehenden Wellen herabzusehen, war schon etwas Besonderes.
Auf der Konsole selbst befanden sich die wichtigsten Kontrollelemente zur Steuerung des Schiffes. Am auffälligsten waren die Regler der Antriebsgondeln und der Bugstrahlruder. Die sog. Azipods können hier um 360° gedreht und geregelt werden. Gegenüber herkömmlicher Antriebe mit starrer Welle und Rudern bietet dieses System eine weitaus höhere Manövrierfähigkeit. Und dies auch bei niedrigen Geschwindigkeiten, wie z. B. in Häfen.
Alle Einstellungen und Daten wurden an Monitoren und über dem Steuerstand angezeigt.
Neben den technischen Details erklärte uns der Offizier noch einige interessante Dinge zur Brückenbesatzung bei unterschiedlichen Situationen, zu Lotsen und Befehlsstruktur usw. Aus allem hörte man deutlich heraus: Sicherheit wird groß geschrieben!
“Ewige Wachsamkeit ist der Preis der Sicherheit”
Im Anschluss an den Besuch der Brücke brachte uns der Offizier in den viele Decks tiefer gelegenen Ankerraum. Hier konnten wir uns die beeindruckenden Ankerwinden und die massive Ankerkette ansehen und auch die großen Winden der Halteleinen, die zum Einsatz kommen, wenn das Schiff nicht ankert, sondern an einer Pier anlegt.
Nach der Beantwortung einiger Fragen übergab uns der Offizier an „Kat“, die Personalchefin der Celebrity Reflection, die für die etwa 1.250 Crewmitglieder an Bord zuständig ist. Sie führte uns nach ein paar einleitenden Worten zunächst in die Bibliothek der Crew.
Hier stehen den Mitgliedern der Besatzung nicht nur Bücher zur Verfügung, sondern auch einige Rosetta-Stone-Sprachcomputer, an denen sie ihre Sprachkenntnisse verbessern und erweitern können.
An einer der verschiedenen Kantinen und dem Internetcafe der Besatzung vorüber, führte Kat uns zur Crew-Bar, neben der sich auch ein kleiner Kaufladen für die Crew befand.
Alles war sauber und freundlich eingerichtet und die Personalchefin versicherte uns anhand verschiedener Beispiele glaubhaft, dass Celebrity sehr am wohlbefinden seiner Angestellten gelegen ist. Dennoch hatte diese versteckte Welt nichts mit dem überschwänglichen Luxus und den großzügigen Freiräumen der Passagierbereiche gemein. Für viele der Besatzungsmitglieder ist sie jedoch Heimat für viele Monate, weit weg von Familie und zu Hause. Eine weitere Gelegenheit, sich noch einmal in Erinnerung zu rufen, wie hart die Crew des Schiffs ihren Lohn erarbeiten muss. Trotz monatelanger Abwesenheit von zu Hause, langen Arbeitsstunden und vergleichbar wenig Freizeit sind sie dennoch immer authentisch freundlich und großer Bestandteil der Wohlfühlatmosphäre auf einem Kreuzfahrtschiff. Ein Punkt, der m. E. bei uns Passagieren viel zu leicht in Vergessenheit gerät.
Über den Haupt-Servicegang im Schiffsrumpf, auch Interstate-95 genannt, brachte uns Kat zu unserer weiteren Station – dem Maschinen-Kontrollraum. Neben der Brücke eines der beiden Nervenzentren des Schiffes. Auch hier wurden wir vor dem Betreten noch einmal abgescant.
Im inneren des kleinen, mit Technik, Monitoren und Anzeigen vollgestopften Raums erklärte uns der freundliche Erste Maschinenoffizier Daniel allerlei Wissenswertes zum Antriebskonzept, zu den Antriebsgondeln und zum Treibstoffverbrauch. Mit viel Witz und Finesse beantwortete er zudem sehr kompetent und verständlich unsere Fragen.
Nach dem interessanten Besuch des Kontrollraums holte uns der Provisions Master Chammy vor der Tür ab, um uns in die Lagerräume der Reflection zu führen.
Chammy zeigte uns die großen Ladeluken und die verschiedenen Laderäume für Obst, Gemüse, Eier und alle möglichen anderen Lebensmittel, die uns Passagieren in verarbeiteter Form an so vielen Stellen im Schiff angeboten wurden.
Den Abschluss der Lager-Tour bildete der Besuch der Kühlräume für Fisch und Fleisch – sicherlich die Hölle eines jeden Vegetariers. Fleißige Hände bereiteten hier schon die Köstlichkeiten für das Dinner der an diesem Abend stattfindenden Formal Night vor.
Als nächstes besuchten wir mit der Hauptküche den Ort, an dem die vielen Lebensmittel, die wir in den Kühlräumen gesehen hatten, von einigen fähigen Meistern ihres Fachs in leckere Speisen verwandelt wurden.
Zufällig trafen wir hier auch auf Gede, der uns abends im BLU immer so verwöhnte, wie kaum ein anderer Kellner zuvor. Heute hatte er zur Mittagszeit Dienst im Hauptrestaurant.
Obwohl um diese Uhrzeit nicht sehr viel in der Küche los war, konnten wir uns vorstellen, wie es hier zur Zeit des Abendessens zugehen musste, wenn alle Stationen besetzt waren und die Kellner an der Ausgabe Schlange standen. Jetzt schauten wir aber erst einmal zu, wie einige kalorienreiche Nachtische den letzten Touch erhielten.
Das Ende der All Access-Tour wurde mit einem Lunch im Lawn Club Grille eingeläutet, welches von einer Mitarbeiterin der Guest Services und von „Big Mike“, dem für die gesamte Musik auf dem Schiff verantwortlichen Bandmaster der Reflection begleitet wurde. Neben dem köstlichen Mittagessen waren die Unterhaltungen mit den beiden sehr interessant, und besonders die Antworten von Big Mike auf Fragen zum veränderten Musikkonzept von Celebrity entsprachen der Ansicht aller seiner Zuhörer.
Unsere nachmittägliche Routine in der Sunset Bar wurde heute von einem Unwetter unterbrochen. Die Kissen der Sitzmöbel wehten durch die Gegend und auf den beleuchteten Hockern der mittigen Bar bildeten sich kleine Seen.
Wir gingen daher lieber wieder hinein und liefen durch das Ocean View Cafe. Dabei war es gar nicht so einfach, der Versuchung der verlockend angerichteten Leckereien zu widerstehen.
Vor der Durchfahrt der Straße von Messina verabschiedete sich der Tag mit einem wunderschönen Sonnenuntergang von uns, der den Vulkan Ätna in goldenem Licht leuchten ließ.
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